Von einer Idee, ihrer praktischen Umsetzung und ihrem Wandel im Laufe der Jahre ...
Nach der ersten Sommerferienfahrt 2011 mit 10 Jungen* fassten wir den Entschluss, noch "einen nachzulegen" und planten relativ kurzfristig eine Herbstveranstaltung für Jungen. Damals konnten nicht ahnen (und hätten es uns wohl auch nicht träumen lassen), dass die "Jenaer Jungentage" ein so erfolgreiches Format werden sollten, das wir jährlich wiederkehrend fortführen würden... Manchmal braucht es für den "großen Wurf" offenbar keinen langen Atem, sondern eher ein beherztes In-Aktion-Kommen! Damals wie heute gab und gibt es Jungen, die sagen: "Nächstes Jahr komme ich wieder! ... Ihr macht das doch wieder?" und auch Eltern fragen immer wieder nach, ob es eine Neuauflage der "Jenaer Jungentage" geben wird, nachdem sie ihre Jungen am Ende des Wochenendes erschöpft, aber auch glücklich wieder in Empfang genommen haben und diese begeistert von ihren Erlebnissen berichtet haben...
Damals wollten wir eine Veranstaltung anbieten, die Jungen* die Möglichkeit und Gelegenheit gibt, ...
- auch im Herbst noch einmal die schönen Tage zu nutzen, um draußen zu sein und dort auch zu übernachten,
- den Jungs die Gelegenheiten bietet, selbst aktiv zu werden,
- sich selbst in verschiedenen, von ihrem Alltag abweichenden Rollen auszuprobieren und dabei vorhandene Kompetenzen zu nutzen und auszubauen,
- neue Interessen, Aktivitäten und Beschäftigungsmöglichkeiten für sich zu entdecken,
- sich selbst auf verschiedenartige (handwerkliche, sportliche und künstlerisch-kreative) Weise als kompetent zu erleben,
- Wissen zu erwerben,
- mit anderen Jungen* (zum Teil auch sprichwörtlich) in Kontakt zu kommen, die andere Schulen und Schulformen besuchen, und bei dieser Gelegenheit auch neue Freundschaften zu knüpfen,
- mit Männern* in Kontakt zu kommen, diese in ihrer Vielfältigkeit "hautnah" zu erleben und mit ihnen in Beziehung zu treten,
- mit anderen zu Themen rund um Junge-Sein, Mann-Werden und Männlichkeit ins Gespräch und in Austausch zu kommen,
- ...
Diese Ziele verfolgen wir bei der Planung und Durchführung der "Jenaer Jungentage" auch heute noch, auch wenn sich das Format im Laufe der Jahre durchaus gewandelt hat...
Damals suchten wir nach Männern*, die mit und für Jungen* verschiedenartige Workshops anbieten können - handwerkliche, sportliche künstlerisch-kreative - und "strickten" daraus ein "buntes Programm" für drei erlebnisreiche Tage. Ein Ort für das "Event" war schnell gefunden: der Abenteuerspielplatz in Lobeda-West, direkt hinter dem Autobahn-Tunnel, bot sich aufgrund der natürlichen Umgebung und der guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, so dass die Jungs - auch ohne das Angewiesensein auf den Transport durch die Eltern angewiesen zu sein - regelrecht an. Die Möglichkeit zur Übernachtung in Zelten auf dem Platz nutzten damals nur vier der Jungen*, doch diese genossen gerade auch die gemütlichen abendlichen Stunden am Lagerfeuer.
Damals schon zeigten einige der Jungen* deutliches Interesse an verschiedenen historischen Themen und Epochen. Dies griffen wir im darauffolgenden Jahr auf und beschlossen, ein Thema oder Motto für die Veranstaltung zu wählen und die "Jungentage" entlang dieses Themas zu planen. So griffen wir im Laufe der Jahre verschiedene geschichtliche Epochen auf, die die Jungen* sich wünschten und die uns sinnvoll erschienen, um mit den Jungen* auch zum Thema Männlichkeit in vielfältiger Weise in Austausch zu kommen: Schotten, Römer, Ritter (Mittelalter) und Griechen. Bei der Ideenentwicklung und -findung sowie der Planung der "Jungentage" bezogen wir fortan Männer* mit ein, die bei verschiedenen Trägern und in anderen Einrichtungen bzw. Institutionen der Kinder- und Jugend(sozial)arbeit tätig waren und sind und die auch selbst mit Jungen* arbeite(te)n. Dabei zeigte sich, dass sie auch viele Interessen, Kompetenzen und Hobbys hatten und haben, die mit den jeweiligen Themen gut kombiniert werden konnten und können. Deshalb plan(t)en wir die "Jungentage" fortan im Rahmen der von uns angebotenen AG Jungenarbeit und nutzen die Gelegenheit, die interessierten und teilnehmenden Männer* auch für die Anliegen und Ziele von Jungenarbeit zu sensibilisieren und die von ihnen angebotenen und gestalteten Workshops entsprechend daraufhin zu reflektieren. Deshalb möchten wir uns an dieser Stelle bei diesen Kollegen bedanken, da ohne sie der Erfolg der "Jenaer Jungentage" nicht möglich gewesen wäre. Damit verbunden ist natürlich auch unsere Hoffnung, sie als Privatpersonen für das Thema begeistert zu haben, so dass sie es - sowohl als privat als auch in ihrer Arbeit - "in die Welt tragen" und es sprichwörtlich "an den Mann*" (bzw. auch an den Jungen*) bringen...
Die teilnehmenden Jungen* wünschten sich bei den "Jenaer Jungentagen" 2015, dass wir uns dem "Survival"-Thema annnehmen und dazu auch die Veranstaltung im Folgejahr planen. So nahmen wir uns des Themas an und boten 2016 verschiedene Workshops zu diesem Themenbereich an. Das stieß auf eine derart positive Resonanz bei den Jungs, dass wir uns dazu entschlossen, dieses Thema auch 2017 fortzuführen. Eine reine Neuauflage schien uns zu "platt" und so rangen wir uns dazu durch, die "Survival"-Kompetenzen auch wirklich "draußen" - sozusagen "on tour" zu vermitteln, zu erproben, anzuwenden und zu vermitteln. So war der Abenteuerspielplatz, der unterdessen auch in unsere Trägerschaft gewechselt war, in diesem Jahr zwar Start- und Endpunkt der "Jenaer Jungentage", doch wählten wir als eigentlichen Veranstaltungsort das NaturErlebnisHaus "Leutratal" der Naturschutzjugend Thüringen. Auf Wunsch der teilnehmenden Jungs* griffen wir das Thema 2020 noch einmal auf und übernachteten unter Zeltplanen in der Nähe der Sommerlinde und beschäftigten uns noch mit anderen Fragen des Übernachtens draußen in der Natur.
Für die Jungentage 2019 wünschten sich die Jungs das Thema 'Mutproben', was wir unter dem Motto "Dem Mutigen gehört die Welt?!" aufgriffen und die Themen Mut, gefahr und Angst gemeinsam thematisierten. Als Höhepunkt stellten sich 2 Teams von Jungen+ gegenseitig Mutproben, die angemessen sein sollten und zu der sie selbst auch bereit wären. Das war für alle sehr spannend und aufschlussreich. Und so mancher der Jungs* musste sich ganz schön überwinden, baruchte vielleicht sogar eine "Erlaubnis" von den beiwohnenden erwachsenen Männern*, ehe er sich an die eine oder andere Herausforderung heranwagte...
Um kreative Problemlösung im Team ging es 2021, als es darum ging insbesondere im übertragenen Sinne zu "neuen Ufern aufzubrechen", als es darum ging, "um die Ecke zu denken", denn wire hatten im Vorfeld eine falsche Spur gelegt, die nicht zum Ziel führen konnte. Nach der ersten Frustration kamen die Jungs* schnell auf die Idee, wie die gestellte Herausforderung tatsächlich gelöst werden könnte, was ihnen letztlich auch gelang. Doch dazu mussten - nicht ganz unbeabsichtigt - beide Teams zusammenarbeiten, um die Herausforderung zu meistern.
An ein besonderes Experiment wagten wir uns 2022, als die Regeln des Zusammenseins in der Gemeinschaft sich als Herausforderung stellten. Es wurden keine Rgeln vorgegeben, was die teilnehmenden Jungen* vor große Herausforderungen stellte. Die Diskussions- und Aushandlungsprozesse zwischen den Jungen* sowie zwischen den Jungen* und den betreuenden Männern* waren sehr mühsam und anstrengend, lohnten aber letztlich der Mühe: Obwohl sich die Jungs* weigerten, Regeln für das Miteinander aufzustellen (das gab aus ihrer Sicht der Titel vor!), verlief doch das ganze Wochenende hindurch alles "in geregelten Bahnen". Das Fazit der Jungs* am Ende diese Wochenende sprach für sich...
2023 ließen sich die teilnehmenden Jungen* auf eine Druidenprüfung ein, in der 3 Teams nur gemeinsam zum Ziel gelangen konnten: Jedes Team musste verschiedene Aufgaben lösen und Herausforderungen meistern, um letztlich einen Schlüssel zu erhalten, der letztlich eines der drei Schlösser der mysteriösen Schatulle mit den "drey Schlössern" öffnen konnte. Doch zuvor war der Einsatz aller teilnehmenden Jungen* gerfragt, um diese Schatulle übnerhaupt in die Hände zu bekommen. Letztlich stellte sich heraus, dass die Prüfung der Jungs* eine Prüfungsleistung der betreuenden erwachsenen Druiden auf ihrem Weg zu Druidenmeistern war, die eine Druiden-Meisterin am Ende abnahm..., was letztlich auch die bisher vermeintlich "männerbündlerische" Struktur des Druidenzirkels in Frage stellte.
Zurückgeworfen in eine mittelalterliche Ständegesellschaft stellten sich die teilnehmenden Jungen* der Herausforderung, in einem LARP-Setting für die Siedlung Iani das Stadtrecht zu erarbeiten, was ihnen nach vielen aufregenden und spannenden Ereignissen mit gemeinsamer Anstrengung und in diversen Aushandlungsprozessen gelang. Mit dem Auftauchen der verschollenen Prinzessin vom Geschlecht der Lobesburger wurde letztlich der Weg geebnet, die Herrschaft des Vogtes Friedrich des Kuniten zu beenden und auch ihn und seine Gefolgsleute in die entstehende Stadtgesellschaft zu integrieren...
An den "Jenaer Jungentagen" nahmen jeweils bis zu 27 Jungen* teil. Die Veranstaltung hat sich für einige der teilnehmenden Jungen* zu einer willkommenen Gelegenheit entwickelt, in den zurückliegenden Jahren entstandene Freundschaften zu erneuern und neu zu beleben.
Dabei war und ist uns natürlich immer auch bewusst, dass die von den Jungen* gewünschten und von uns aufgegriffenen historischen Epochen durchaus immer auch den Konkurrenz-, Wettbewerbs- und Kampfaspekt beinhalt(et)en und dass auch das "Survival"-Thema ganz stark männlichkeits- und leistungsbesetzt ist. Doch dies war und ist für uns stets auch eine willkommene Gelegenheit, genau diese Themen und Aspekte mit den teilnehmenden Jungen* kritisch zu thematisieren, zu bearbeiten und sie somit zur Reflexion anzuhalten und zu befähigen.